Kontakt zu sich selbst halten - was können Sie tun?
Von Lothar Schlüter-Dupont
Wenn Sie in eine berufliche und emotionale Krisensituation geraten sind, vermeiden Sie den Fehler Nr. 1, jetzt noch härter und noch mehr zu arbeiten. (Manche Dinge lassen sich durch verbissenes Kämpfen oder märtyrerhafte Opferrollen nicht aufhalten.)
- Setzen Sie sich klare Strukturen für den Tag (Pausen, Arbeitsende)
- Lernen Sie, sich zu begrenzen und "Nein" zu sagen in einem Leben voller Gelegenheiten und grenzenloser Möglichkeiten. (Zumindest sollten Sie es sich zur Regel machen, vor Annahme weiterer Verpflichtungen erst mal eine Nacht darüber zu schlafen.)
- Tun Sie unbedingt öfter Dinge, die Ihnen Spaß machen.
- Nehmen Sie sich konsequent Zeit für Privates, Familie, Beziehungen und Freizeit. Nehmen Sie sich in der Partnerschaft regelmäßig Zeit für persönliche Zwiegespräche.
- Bewahren Sie Interessen außerhalb der Medizin: Bücher, Kunst, Natur, Filme...
- Pflegen Sie Freundschaften und Interesse an Menschen. (Bleiben Sie dabei nicht nur unter Ärzten, sondern unterhalten Sie sich - auch über persönliche Hintergründe - so oft es geht mit Menschen anderer Berufe, anderer Länder oder anderen Glaubens.)
- Experimentieren Sie mit veränderten Gewohnheiten (z.B. 4 Wochen ohne Fernsehen). Lockern Sie Eingefahrenes auf (Denken, Verhalten, Bewertungen, Lösungsstrategien). Holen Sie sich dafür Inspiration durch anregende Modelle.
- Öffnen Sie sich, vor allem in emotionalen Stresssituationen. Suchen Sie Rat und Unterstützung bei nahen Mensche und Freunden.
- Versagen Sie sich nicht die Chance und den Luxus regelmäßiger Fort- und Weiterbildung.
- Holen Sie sich bei schwierigen beruflichen Problemlagen Rat und Unterstützung erfahrener Kollegen (Supervision, Intervision, Balintgruppen). Vergleichen und entwickeln Sie gemeinsam angemessene Lösungsstrategien.
- Akzeptieren und stellen Sie sich der eigenen Verwundbarkeit, Ohnmacht und Begrenztheit.
- Machen Sie einen Plan der persönlichen "Psychohygiene". Was brauche ich? Was bedeutet für mich "Lebensqualität"?
- Nehmen Sie eine Bilanz der eigenen, momentanen Lebensqualität vor.
- Schreiben Sie auf, was Sie im Leben wirklich dauerhaft verändern wollen. Eine gute Übung hierzu kann es sein, den eigenen "Nachruf" zu schreiben. Beziehen Sie dabei bewusst auch das mit ein, was Sie vermisst oder nicht gelebt haben.
- Gehen Sie kritisch mit Geldwünschen um (reflektieren Sie für sich die Bedeutung von Geld und Besitz). Prüfen Sie zum Beispiel bei der nächsten Anlage/dem nächsten Steuersparprojekt, ob Sie es wirklich brauchen. Riskieren und verschenken Sie nicht Ihre Freiheit, auch mal kürzer treten zu können.
- Bilden Sie realistische und klare Erwartungen über das, was Sie leisten/tun können und was nicht.
Dr. med. Lothar Schlüter-Dupont ist Facharzt für psychotherapeutische Medizin in Berlin